Lasst mich jetzt nicht hängen: Ihr kennt doch das wehleidige Gefühl, wenn ihr nach Jahren aus einer Wohnung auszieht und noch ein letztes Mal durch alle Räume geht, bevor ihr entgültig die Wohnungstür hinter euch zuzieht? Noch ein Mal in diesen ganzen guten und schlechten Erinnerungen schwelgen, sich des Gefühls des nun endenden Lebensabschnittes bewusst werden. Ihr wisst wovon ich rede. Oder? Oder?!
Jedenfalls habe ich heute eine neue Variante davon entdeckt. Eine digitale. Aber erstmal von vorne:
2013 war ein schlimmes Jahr – Google Reader wurde eingestellt. Damit wurde ich Teil einer einer Gruppe digital Vertriebener, auf der Suche nach einer neuen Feedreader-Heimat. Laaaangjährige Leser erinnern sich vielleicht.
Die neue Heimat musste eine selbstgebaute sein, damit mir in Zukunft kein Dienst mehr unter dem Hintern weggezogen werden kann. In dieser unsteten Zeit kam ich durch die Empfehlung eines Podcasts zu Uberspace.
Dort experimentierte ich nicht nur mit neuen Feedreadern herum, sondern verspürte so viel Freude daran, dass ich noch einige andere Projekte anging. Eins davon lest ihr übrigens gerade.
Viele weitere Spielereien kamen und gingen über die Jahre, und es wurde auf meinem Uberspace langsam etwas eng. Der Speicherplatz wurde knapp, die Datenbanken ließen in der Performanceabteilung zu wünschen übrig und eine saubere Trennung aller Dienste kann man so auch nicht umsetzen.
Angeregt durch das zahl-so-viel-du-willst-Modell teilte ich mein Zeug ohne Mehrkosten unter mehreren Uberspaces auf (was auch eine Empfehlung des Supports war). Nach einer Weile wurde mir das in der Verwaltung zu aufwendig und ich hatte genug Erfahrung gesammelt um den nächsten Schritt zu wagen: Ich nahm die Zügel in die Hand und zog mein Zeug schrittweise zu einem Virtual Private Server (weil günstig und unschlagbar flexibel) um. So wurde der ursprüngliche Uberspace immer leerer und leerer, bis er sich nur noch um ein paar liegengebliebene Mail-Geschichten kümmerte.
Nun ist es 2020 und der Server, auf dem dieser alte Uberspace noch läuft wird Ende des Jahres abgeschaltet. Lange habe ich die Migration der letzten Kleinigkeiten aufgeschoben, obwohl ich damit jeden Monat sinnlos ein paar Euro verbrannte.
Jetzt sitze ich hier vor meinem geöffneten Terminal-Fenster, navigiere durch den Verzeichnisbaum und erinnere mich an die vielen Dinge, die ich auf diesem Uberspace angestellt, ausprobiert und gelernt habe. Es war eine gute und für meine Fähigkeiten eine sehr ertragreiche Zeit.
Mit einer gewissen Schwere im Herzen logge ich mich also im Kundenbereich ein und klicke auf "Account unwiderruflich löschen".
Machs gut, Uberspace.