Milchkuh kauft Katze im Sack

Der Zustand der Wirtschaft, sagt man, verläuft wie eine Sinuskurve: Auf einen Boom folgt eine Flaute, folgt ein Boom, folgt eine Flaute und so weiter. Aus Kundensicht hat man das als erfahrener Videospieler über die Jahre gut beobachten können, wenn man sich ein wenig für das Drumherum interessiert. Zoomt man aus diesem Bild ein gutes Stück hinaus, erscheint es mir, als läge diese Kurve auf einer Spirale in Abwärtsrotation.

Die Bosse der großen Fische sind in letzter Zeit nicht nur dabei, wertvolle Arbeitskräfte im Namen der Profitmaximierung aus der Industrie zu vertreiben, sie sind auch gut darin Kunden zu vergraulen: Unfertige sowie fehlerhafte Produkte, aggressive Monetarisierungsstrategien direkt aus den Handbüchern der Glücksspielindustrie, Gängelungen (auch gerne nachträglich) durch unnötig restriktive DRM- oder Anti-Cheat-Technologien inklusive Onlinezwang bei Offline-Games sind nur ein paar Punkte, die in den Sinn kommen.

Unter anderem aus diesen Gründen hockt der sogenannte Triple-A-Bereich in meiner persönlichen Gunst schon seit Jahren auf dem absteigenden Ast. Es ist einfach zu offensichtlich, dass man als Kunde inzwischen weder geschätzt noch ernstgenommen und im Gegenzug auch noch bei jeder Gelegenheit über den Tisch gezogen wird. Nicht einmal mehr das gute Gefühl wird heuchelnderweise vermittelt. So fällt es mir schwer, mit diesen Produkten irgendwie eine positive Zeit zu verbringen, und darum geht es ja eigentlich. Hinzu kommt noch, dass ich als alternder Sack immer weiter aus den Hauptzielgruppen verdrängt und (große) Spiele daher zunehmend an meinem Geschmack vorbeientwickelt werden, aber das ist ein anderes Thema.

Das war jetzt eine relativ lange Herleitung für den Nächsten Eintrag in diese traurige Liste – vor einer Weile stellten wir bereits fest, dass Vorbestellungen oder der Kauf zum Release keine gute Ideen sind. Microsoft unterstreicht dieses Sentiment eindrucksvoll mit dem neuesten Bossmove im Zuge der Schließung der Redfall-Entwickler Arkane Austin: Den Leuten für einen Haufen Geld (etwa mit der "Black Edition" für 110 €) abnehmen und dann, abgesehen von der schlechten Qualität des Spiels selbst, die versprochenen Inhalte zunächst ein Jahr und schließlich gar nicht liefern. *Slow clap*

Wiedergutmachung hin oder her, das ist Scheiße und kein Kunde sollte sowas mehr als höchstens ein Mal mit sich machen lassen und dann daraus lernen: Kauft nichts aufgrund von Verprechungen, was das Produkt später noch tolles können soll. Wenn ihr Geld auf den Tresen legt, dann nur für die Merkmale, die zu diesem Zeitpunkt bereits vorhanden sind; der Rest ist Bonus. Egal ob es um Season Passes bei Spielen oder das Killerfeature des neuen Smartphones geht, das im Herbst per Update nachgereicht werden soll, lasst euch keine leeren Schachteln verkaufen. Diese Geier sollen sich eure Moneten hart verdienen müssen und an alternativen Methoden des Geldausgebens mangelt es im Spiele- und Technikbereich sowieso nicht.

Kleines Detail am Rande: Tango Gameworks letztes Spiel, Hi-Fi Rush, bei Release im letzten Jahr als Überraschungshit gefeiert, taucht am Tag der Bekanntmachung der Schließung des Studios im Humble Choice Abo als Co-Headliner auf. Bittersüßer Abschied oder zynischer Witz? Ich bin uneins. Aber hey, als geduldiger Spieler kann ich es jetzt endlich zum Spottpreis nachholen. Wenigstens gewinnt hier mal wenigstens einer.

Ausgerechnet Cyberpunk 2077 hatte ironischerweise mit einer Sache Recht: Fuck Corpos.