Elden Ring ist für mich schwierig mit einem pointierten Fazit abzuhandeln, weil es in so mancher Hinsicht zu groß ist um diesem Spiel damit gerecht werden zu können. Ich versuche mich dem ein wenig zu nähern, denn eigentlich gibt es viel zu viel dazu zu sagen:
Es ist ein für mich bisher einzigartiges Phänomen, sowohl in seinem inhaltlichen Ausmaß, wie auch in seinen Metaebenen und spielekultureller Bedeutung. Es kann episch (Hallo Umgebungen!) und albern (Hallo Communityinhalte!), arschgeil (Hallo Bosskämpfe!) und sauscheiße (Hallo Bosskämpfe!) sein und selbst wenn man mal die Schnauze voll davon hat auf den Sack zu bekommen, nach einer Stunde fährt man das Spiel wieder hoch und versucht es erneut. Aber nicht weil man jetzt vom Zorn getrieben krampfhaft lose Enden verknüpfen will, sondern weil es Bock macht genau zu wissen was beim letzten Versuch schiefging.
Das muss sich nicht einmal vierzig Male wiederholen, denn Elden Ring lässt sich durch seine offene Struktur so ziemlich beliebig einfach gestalten. Hier mal ein paar Erfahrungspunkte gefarmt, dort mal mächtige Ausrüstung beschafft und schon ist deutlich mehr Raum für Fehler geschaffen. Böse Zungen würden behaupten mein Magier war hoffnungslos overpowert, ich hingegen würde ihn als rechtmäßig mächtig beschreiben. In der Regel lagen ihm die Bosse des Spiels nach maximal einer handvoll Versuchen zu Füßen und nur wenige Ausreißer machten es nötig nennenswert an seiner Ausrüstung oder Taktiken zu feilen (Ein Drache etwa hat erst die Sprache des Zweihänders verstanden), doch nie wurde es so frustrierend dass Aufgabe eine Option wurde.
Selbst in diesem Easymode sind die Erfolgserlebnisse äußerst befriedigend und formten meine Spielfigur in einen blutrünstigen Schlächter, immer darauf bedacht seine Klinge mit frischem Blut zu tränken. Um seinen ewigen Blutdurst zu stillen strebte er nach immer mehr Macht, was ihn im Laufe seines Abenteuers dazu bewegte einen seiner Finger zu opfern und einem Blutkult beizutreten. Seine Kraft stieg schnell so weit (sprich: Der Farmingspot dort war sehr ergiebig), dass er den Anführer der Sekte auch gleich noch über die Klinge springen ließ. Und auch danach kannte seine Mordlust kaum Grenzen.
Man ahnt, emergentes Storytelling ist für mich eine der großen Stärken von Elden Ring, was im krassen Gegensatz zur kargen Erzählung der vorgefassten Geschichte und des Lores steht. Möchte man in diese reichhaltige Welt eintauchen, tauscht man Spiel gegen YouTube und schaut sich playlistweise durch den Videokatalog von VaatiVidya, der uns faulen Lumpen gerne das große Ganze hinter den vielen Puzzlestücken aus Itembeschreibungen vermittelt.
Ob wir nun also Videos oder Wikis zur Hilfe nehmen um uns dieses Spiel zu erschließen oder nicht, irgendeine Bereitschaft sich mit der Materie auseinanderzusetzen muss schon vorhanden sein, aber dann geben die Spiele von From Software auch viel zurück. Es ist eine Weile her, dass mich etwas so sehr in den Bann gezogen hat – zeitweise habe ich sogar von diesem Spiel geträumt, so viel Raum nahm es in meiner Gedankenwelt ein. Und das muss doch etwas heißen.
Zwischendurch wurde es mir zu viel, in diesem Ding ist designtechnisch wirklich alles immer opressiv episch und grand: Ich fühlte mich an eine Deathmetalplatte mit einer Dreiviertelstunde Dauergeballer erinnert, bei der man auch mal nach einer Verschnaufpause lechzt. Ich nahm mir vor, es an dieser Stelle abzubrechen, nur um ein paar Stunden später dann doch wieder den Controller in den Händen zu halten. Als es für mich dann nicht mehr darum ging halbwegs zielstrebig zum Ende zu kommen und dabei möglichst alles mitzunehmen, sondern auch mal Zeit ohne großen Fortschritt zu verballern, öffnete sich der Vorhang erst so richtig. Die zweite Hälfe meiner 90 Stunden Spielzeit waren sicher die angenehmeren, und das obwohl der anfängliche Reiz des Unbekannten dann schon weitestgehend verflogen war.
Letztendlich war es das Gameplay, welches mich bei der Stange hielt und weniger die kryptische Erzählung, auch wenn diese natürlich ebenfalls ihre Reize hat. Damit ist Elden Ring für mich auf eine verschrobene Art näher an Tetris als an Witcher 3, bei dem ich immer wissen wollte wie es mit den einzelnen Geschichtchen weitergeht.
Wer weiß, vielleicht kehre ich ja eines Tages in die Zwischenlande zurück und stelle mich den fiesen Viechern ohne Zauber, etwas Kämpfen habe ich in der Zwischenzeit dann ja doch gelernt.