Microsoft schluckt Activision Blizzard. Nur fürs Protokoll, damit ich in Zukunft breitbeinig auf diesen Beitrag verweisen kann (ob ver- oder überlegen sehen wir dann zu gegebener Zeit):
Die zunehmende Konsolidierung des Spielemarktes ist aus Kundensicht kurz- bis vielleicht mittelfristig gut: Der Gamepass ist (momentan noch!) günstig und wird mit immer mehr hochwertigen Titeln bestückt. Für alle momentan in der Pipeline befindlichen Spiele dürfte es bereits eingetütete Verträge mit anderen Plattformhaltern geben, an die sich Microsoft sicherlich halten wird. Bedeutet also erstmal: Mehr Games für alle! Für alle Spiele darüber hinaus sieht es hingegen erwartungsgemäß finster aus.
Langfristig wird es möglicherweise nicht mehr ganz so lustig, wenn sich der Kuchen unter zwei, drei riesigen Playern aufteilt. Denn diese bestimmen dann was läuft und was nicht. Sehen kann man solche Effekte in anderen Branchen, etwa wenn Visa, Mastercard und Paypal aus ihrer US-geprägten Moral (seit wann steht eigentlich Sitte dem Profit im Weg?) heraus entscheiden dass sie keine Geschäfte mit Anbietern von Erwachsenenunterhaltung machen und damit gerade kleine Anbieter de facto verhindern, auch wenn es in vielen Ländern legal und auch sonst nicht einmal besonders verwerflich ist. Apple und Google sind in dieser Hinsicht auch schon negativ aufgefallen, und da ging es sogar noch um Bildung statt Pornos.
Stellt euch vor, ihr geht das Risiko ein und entwickelt ein noch nicht mal besonders provokatives Spiel, nur um dann nichts damit verdienen zu können, weil Microsoft plötzlich der Meinung ist aus unserer Sicht abstrusen ausländischen Regularien folgen zu müssen um dort im Markt agieren zu können.1
Games werden auf den Erfolg in einem Mietmodell hin getunt, ähnlich wie es bei Musik und Serien für Radio, beziehungsweise Streamingdiensten der Fall ist.2 Konkret können wir bestimmt eine Verschärfung des Trends auf Servicegames beobachten: Immer gleichförmigere Spiele, vollgestopft mit den spielerischen Äquivalenten zu Geschmacksverstärkern, Microtransactions noch und nöcher und Hauptsache Multiplayer. Sind wir an dieser Stelle mal kurz froh dass wenigstens nicht Ubisoft diejenigen auf Einkaufstour sind.
Als Gegenargument wurden mir einige Titel genannt, die zwar noch in der "klassichen" Singleplayerausführung ohne ausufernde Nachmonetarisierung sehr erfolgreich waren, wie etwa God of War, Breath of the Wild oder von mir aus auch das noch zu erscheinende Elden Ring. Meine Antwort: Ja, stimmt, aber das sind eine Handvoll Spiele, die in einem Zeitraum von mehreren Jahren erschienen sind. Zu PS3- und 360-Zeiten waren es (ich spitze wieder zu) fünf solcher TripleA-Titel pro Jahr, in verschiedensten Genres von verschiedensten Entwicklern und Publishern. High Profile-Entwicklungen kommen – von Sony momentan mal abgesehen – praktisch nicht mehr ohne den Servicegedanken aus und auch sonst gar nicht mehr so oft vor.3
Was man sich klarmachen muss: Mono-, Duo-, und Oligopole sind hauptsächlich für eine Gruppe doof – die Kunden. Jetzt gerade, und keiner weiß wie lange noch, geht die Sinuskurve für Xbox-Kunden (ich sage bewusst nicht Fans) nach oben. Sie bekommen zweifelsfrei zur Zeit enorm viel Wert aus ihrem vergleichsweise sehr günstigen Gamepass-Abo. Auch Kunden von Nintendo und Sony müssen eigentlich nicht allzu griesgrämig dreinschauen, immerhin haben auch sie dank Cloud Streaming für schmales Geld Zugang zu Titeln, die nicht nativ auf ihrer bevorzugten Plattform erscheinen.
Doch das kann (und wird) sich eines Tages ändern. Wer nicht erst kürzlich eingestiegen ist, erinnert sich vielleicht noch an die goldene Xbox 360-Ära, in der Milch und Honig im Land des grünen X-es floss. Was hätte schon schiefgehen können? Sie mussten einfach (scheinbar viel leichter gesagt als getan) nur so weitermachen. Tja. TV, TV, TV, Sports und Call of Duty. Sony und Nintendo ging es da im Laufe der Zeit übrigens nicht anders. Leute, denkt an Ubisoft oder Konami. Früher oder später macht die Führungsspitze oder deren Nachfolger Unsinn und plötzlich ist der halbe Markt mit unzähligen Franchises verbrannt – das kann doch keiner wollen.
Gerade zu solchen Meldungen ist das Internet sofort mit Meinungen und Hot Takes gefüllt. Hier ist also meiner: Niemand, dem Spiele ernsthaft am Herzen liegen kann solche Entwicklungen gutheißen ohne sich nicht als sehr naiv und kurzsichtig zu offenbaren. Und Fanboys gehören sowieso in die Stachelgrube.
Habt ihr euch mal gefragt warum im Film- und Serienbereich heute vieles irgendwie weichgekocht wirkt? Zwei nicht unwesentliche Treiber dahinter sind die Marktkonzentration Disneys und Hollywoods Anbiederung an China (siehe auch). ↩
Ich beziehe das auf eher handwerklich-formale Eigenschaften wie die Länge des Tracks (im Radio etwa sind viel mehr als 2:30 Minuten schlecht) oder dass der Refrain am besten gleich in den ersten 15 Sekunden angestimmt wird (damit der Hörer den Song nicht sofort wegskippt weil nichts passiert), nicht auf die künstlerische Ausrichtung am Massengeschmack. Siehe etwa auch hier oder hier. ↩
Ja, mir ist klar dass da noch etwas mehr dranhängt, wie etwa immer weiter steigende Entwicklungskosten oder die Tatsache, dass die vermisste Masse, Vielfalt und Innovation sich heute eher im AA- und Indiebereich abspielt, aber das ist ein eigenes Thema für einen anderen Text. ↩