Meine Befürchtung bezüglich Deathloop war ja, dass aufgrund der Zeitschleifenmechanik (daher der Name, vermutlich) die Menge an Inhalt hinten angestellt wird oder zumindest gefühlt dürftiger ausfällt. Wie für Spiele dieser, äh, Spielart üblich1 (Hallo Majora's Mask!) fühlt es sich anfangs wie ein in sich verschlungenes Wollknäuel an, welches in mühsamer Arbeit erschlossen und entwirrt werden möchte. Ist dies erstmal erledigt, entpuppt sich der Faden als kürzer wie erwartet.
Was mit einem Blick auf die Spielzeit zunächst schon paradox wirkt, mein Durchgang dauerte etwa 35 Stunden, mein erster in Dishonored 2 (2016, ebenso von Arkane Studios) ist in meiner (zugegeben möglicherweise löchrigen) Erinnerung mit zirka 17 Stunden abgespeichert. Und doch kam mir letzteres größer und umfangreicher vor.2 Dabei spielt es eine große Rolle, dass wir uns diesmal nur in vier, wenn auch deutlich weitläufigeren, Arealen herumtreiben – und das auch noch wiederholt.
Langweilig wird es trotzdem nicht, es gibt reichlich zu entdecken und auszuprobieren. Einen dankbareren Sandkasten hätte man dem unverkennbaren Immersive-Sim-Gameplay kaum spendieren können: Hier kann die Dishonored'sche Machtfantasie frei ausgelebt werden, ein paar Fähigkeiten dessen wurden sogar direkt in Deathloop übernommen. Warum auch ändern was nicht kaputt ist?
Meine zweite Befürchtung: Durch Gegenspielerin Julianna wird entweder der Fokus zu sehr auf Multiplayer-PvP gelegt, oder aber uns erwartet hier ein neuer Mr. X. Beides trifft glücklicherweise nicht zu, ein Offlinemodus steht bereit und es entstehen dadurch auch keine Nachteile3. Für mich überraschend ist dieses Feature tatsächlich gut gelungen – Unsere Nemesis taucht nicht nervig oft auf, weiß aber hingegen sehr gut unsere Pläne zunichtezumachen, wenn sie mitten in einer Schleichoperation hineinplatzt und diese in eine wilde Schießerei umdeutet. Motivierend ist ihr Auftauchen allemal, regelmäßig wird Umdenken und/oder Vorausplanung für den Fall der Fälle nötig, ohne dass es in Frust ausartet. Klar, manchmal erwischt sie einen eiskalt, aber als umsichtiger Spieler hat man noch das eine oder andere Ass im Ärmel und kann sich entsprechend bei ihr revanchieren. Als nettes Bonbon lässt sie freundlicherweise bei ihrem Ableben reichlich Beute liegen.
Deathloop ist nach dem bereits mehrfach genannten Dishonored und insbesondere Prey: Mooncrash die nächste logische Inkarnation der Arkane-Formel. Ich hatte enorm viel Spaß dabei und habe hier sicherlich einen neuen persönlichen Evergreen hinzugewonnen. Auf jeden Fall wird es noch eine Weile auf meiner Festplatte hausen, denn der nächste Loop kommt bestimmt.
Böse Zungen sagen den oft ähnlich aufgebauten Roguelikes im Zuge des Booms der letzten Jahre nach, dass sie sich diesen Strukturen nur deswegen hauptsächlich bedienen, da unterfinanzierte und -talentierte Indiestudios sonst nichts besseres auf die Reihe bekommen. ↩
Hat möglicherweise auch etwas mit meiner zweistelligen Anzahl an Durchgängen zu tun… ↩
Man kann sich neue Outfits für die Hauptfigur erspielen (nicht gerade besonders aufregend für ein 1st Person-Game!), wenn man als Julianna anderen Spielern das Leben schwer macht. Das und vielleicht zwei, drei Achievements sind an den Multiplayer gebunden. Also nichts wildes. ↩