Für mich gibt es nicht schlimmeres in Spielen als flöten gegangener Fortschritt, daher sind traditionelle Roguelikes noch nie mein Ding gewesen. Roguelites, die eine gewisse Progression ermöglichen, wecken wiederum per default mein Interesse. Oft werden Vertreter dieses Genres jedoch nach näherer Betrachtung dann wieder aussortiert, der Grat zwischen angenehm spielbar (Moonlighter fällt ein) und Spaß-verderbend grindy (Rogue Legacy habe ich so in Erinnerung) ist sehr schmal.
Mittig ins Schwarze trifft in dieser Hinsicht Children of Morta von Dead Mage, welches diesen Tanz so dermaßen souverän aufführt, dass selbst ich Repetitionsmuffel gleich stundenweise in den Dungeons versacke.
Familie Bergson ist im Wächtergeschäft tätig und wächtert seit Generationen über den Fantasyberg Morta. Und, oh Wunder, Dinge passieren und Korruption (gibt es wirklich keine bessere deutsche Alternative für corruption? Brr.) breitet sich aus. Dem muss selbstverständlich Einhalt geboten werden. Der Plot ist dünn, aber als Rahmen für die eigentliche Magie reicht er allemal, denn:
Der Dreh- und Angelpunkt der Erzählung ist die Protagonistenfamilie selbst. Es entspinnt sich etwa eine liebevolle Story von Kindern, die endlich dem Kampf gegen das Böse beitreten wollen und von den Eltern nur widerwillig und nach guter Zurede durch die weise Großmutter und den waffenschmiedenen Onkel gelassen werden. Oder die des ältesten Sohnes, der nach langem Aufenthalt im Waldkloster eines Tages krank auf der Matte steht. Oder es geht um die Genesung des kranken Wolfswelpen, den man in einem Run neben seiner toten Mutter im Wald auflies. Oder, oder, oder. Die Versatzstücke strahlen bei allen Wirrungen eine dermaßen wohlige Wärme aus, dass selbst ich Empathiemuffel wissen möchte wie es mit den Bergsons weitergeht.
Der Flow ist bemerkenswert gut, man findet in den einzelnen Durchläufen oft irgendwelche relevanten Dinge, und praktisch nach jeder Runde erwartet den Spieler im Haus eine kurze Zwischensequenz, die herzige Interaktionen dieser ungewöhnlichen Sippe untereinander zeigt.
Alle steuerbaren Charaktere spielen sich sehr unterschiedlich und selbst die Dopplungen (so gibt es gleich mehrere Nah- und Fernkämpfer) setzen deutlich andere Schwerpunkte in den jeweiligen Spielweisen, dass selbst ich Umgewöhnungsmuffel sich nicht entscheiden kann, mit wem als nächstes der nächste feuchte Keller aufgeräumt wird.
Das alleine macht die Konzentration auf eine Spielfigur schon schwer, um aber wirklich sicher zu gehen, dass der Spieler auch alle Persönlichkeiten nutzt, können diese im Laufe ihrer Skillentwicklung Boni für den ganzen Kader freischalten, was als erwünschten Nebeneffekt auch den (auch nicht zu aufdringlichen) Grind versüßt. Sehr elegant.
Ein Wermutstropfen ist die Auflösung der Story – diese kommt plötzlich und in der Geschmacksrichtung Banane, dass man sich ans unterwältigte Hirn fassen möchte. Im Anschluss wandert die Hand allerdings wieder direkt an den Controller um entweder noch ein paar Runden Levelgrind oder direkt den New Game Plus-Modus anzusteuern. Hier ist das Gameplay König und lässt sich auch nicht durch die Geschichte trüben. Um das Glas halbvoll zu betrachten: Immerhin hat ein Spiel dieser Art eine erzählte Geschichte und damit auch einen guten Ausstiegspunkt für jene, denen eine Endlosschleife an Spielversuchen zu dröge ist.
Children of Morta ist eins dieser Spiele, die ich am liebsten immer auf allen Plattformen griffbereit haben möchte um zwischendurch noch eine Runde einschieben zu können.