Gespielt: Resident Evil Village

In diesem Text sind wir einen Hauch spoilerig unterwegs, also Achtung.

Ethan Winters wird nun nach seinem ersten Auftritt in Resident Evil 7, dem Soft-Reboot der Reihe, nun ein zweites Mal zum Einsatz gebracht. Diesmal wird gleich im dritten Gang angefahren: Ehefrau Mia bekommt von Chris Redfield einen Blaue Bohnen-Salat serviert, er selbst sowie Töchterchen Rose werden entführt. Was geht hier ab?

Das Spiel macht gleich am Anfang klar, dass man es nicht zu ernst nehmen sollte. Dafür sind die Beziehungen der Figuren zu aufgezwungen und das ganze Setup zu abgefahren. Aber wisst ihr was? Deswegen mag ich es.

Es beginnt also ein wilder Ritt, angefangen in einem abgeranzten osteuropäischen (warum sind alle Wegweiser auf Englisch?) Dörfchen, durch ein für diese Gegend viel zu riesiges und abgefahrenes Schloss, ein Berganwesen, ein versunkenes Minensiedlung und eine Fabrik.

Abwechselung wird in hoher Schlagzahl geboten, und obwohl gerade das Schloss mit der im Vorfeld beliebt gewordenen Lady Dimitrescu samt ihrer Vampirtöchter viel weniger Raum im Spiel einnimmt als so manchem lieb sein dürfte (dieser Abschnitt markiert gerade mal das erste Viertel des Spiels, selbst Vaas aus Far Cry 3 hat wenigstens bis zur Hälfte durchgehalten), ist es immerhin gut darin aufzuhören wenn es am schönsten ist.

Das zweite Segment ist sehr deutlich an Hideo Kojimas berühmt-berüchtigten P.T. angelehnt. Weniger wohlwollend könnte man es auch dreiste Kopie nennen, inklusive verunstaltetem Säuglingsmonster. Aber: Es sitzt. Auch wenn das Spiel in weiten Teilen sehr vorhersehbar in die Horror- oder wenigstens Gruseltrickkiste greift, gerade diese Passage wirkt vermutlich erst dann so richtig, wenn man die Vorlage kennt und man genau weiß was als nächstes kommt. Das muss man auch erstmal hinbekommen.

Gegen Ende geht es deutlich actionorientierter zu. Auch hier wurde des Öfteren Kritik angebracht, ich hingegen freue mich schon auf meine New Game Plus-Durchgänge mit unendlich Munition.

Man merkt schnell dass es hier deutlich pulpiger zugeht als im direkten Vorgänger, außerdem ist es spürbar weniger gruselig und – sofern man es möchte – leichter. Das bedeutet keinesfalls einen Kompromiss in der Atmosphäre, es fügt sich alles wunderbar in ein stimmiges Gesamtbild:

Resident Evil Village ist für mich ein bisschen wie eine Geisterbahn im Freizeitpark – Sie macht noch viel mehr Spaß, wenn man sieht dass der Zombie nur aus Gummi ist. In weitesten Teilen ist es vergleichsweise unbeschwerte, gut verdauliche Unterhaltung. Weniger ein markerschütternder Psychohorrorfilm, sondern eher ein noch recht freundlich dreinblickender Halloweenkürbis auf der Veranda.

Und genau dieser Aspekt sorgt für eine gute Integration in den übrigen Kontext der Reihe:

Resident Evil als Serie besteht schon seit langem aus mehreren verschiedenen Mutationssträngen (ha), die zum Teil auch simultan bedient werden. Man erinnere sich etwa an eine leichte Rückbesinnung auf Grusel in Form von Resident Evil Revelations, welches zwischen den deutlich actionlastigeren Teilen 5 und 6 erschien, oder an die Remakes von 2 und 3, die beide zwischen Village und seinem Vorgänger entstanden. Es ist sehr positiv dass die Serie in Bewegung bleibt, verschiedene Lager unter den Fans bedient und vor allem frischen Wind zulässt.

Ganz ohne Kritik komme ich dann aber doch nicht aus. Ich hätte mir mehr Rätsel gewünscht, oder zumindest etwas komplexere. Hier findet man den Schlüsselgegenstand so ziemlich immer in unmittelbarer Umgebung. Auch die Story ist noch ein Stück banaler als sonst, es gibt sehr wenig Lore und Fluff in Form von herumliegenden Notizen oder Briefen. Ich habe im gesamten Spiel sage und schreibe ein (!) abspielbares Audiolog gefunden. Es geht sogar so weit, dass man buchstäblich direkt vor dem letzten Boss durch einen Raum geführt wird, in dem die (leider trotzdem etwas spärlichen) Hintergrundinfos zu den Bösewichten und ein irgendwie halbherzig wirkendes Tie-in zum Rest der Serie fein säuberlich nebeneinander auf Tischen aufgereiht sind. Das hätte man auch etwas eleganter im Spiel einflechten können.

Ich bin sehr gespannt was uns in Teil 9 (oder was auch immer noch davor erscheint – Ein Remake von Teil 1 im Stile von 2 und 3 vielleicht? 4?) erwartet.