Auf ein (geschriebenes) Wort

Sehr verehrte Damen und Herren, wertes Mitvolk,

wir leben in schweren Zeiten. Ein Virus hat die Menschheit befallen und breitet sich immer weiter aus. Selbstverständlich rede ich von Sprachnachrichten, der Legende nach wohl auch neudeutsch "Noicemail".

Sprachnachrichten sind ein Werkzeug des ziegenbeinigen Antichristen: Sie erfordern auf Seiten des Senders eine nur Göttern gegebene Disziplin, sich kurz und präzise auszudrücken, den wahren Schaden richten sie aber beim Empfänger an. Dieser muss sich nicht nur in einer geeigneten Umgebung zum Abspielen aufhalten, er muss auch wertvolle Zeit opfern, um das inkohärente Gestammel zu dechiffrieren. Eine noch übergriffigere Methode der Fernkommunikation ist nur das klassische Telefonat.

"Machete schickt keine Sprachnachrichten." - Machete

Für beide Kommunikationspartner kommt der schwerwiegende Nachteil hinzu, dass sich Sprachnachrichten nicht durchsuchen lassen, was eigentlich bereits nach wenigen Monaten ein absolutes K.-o.-Kriterium darstellen sollte: Es gibt kaum etwas schlimmeres, als sicher zu sein dass ein Thema bereits besprochen wurde, es aber ums Verrecken nicht wiederzufinden. Nicht auszudenken was passiert, wenn Sie plötzlich Ihr Gehör verlieren und Ihre Nachrichten nicht maschinenlesbar und damit mindestens indirekt barrierefrei sind! Grundgütiger!

Wo wir schon bei Monaten später sind: Inzwischen haben Ihre überflüssigen Sprachnachrichten reichlich Speicherplatz belegt und die Netze unnötig beansprucht. Mit dem so verschwendeten Strom belasten Sie nur die Umwelt und sind damit praktisch persönlich für Klimakatastrophe und Artensterben verantwortlich. Schämen Sie sich gefälligst!

Unstrittig festgestellt ist somit, dass Sprachnachrichtenschufte mit der Lebenszeit ihrer Mitmenschen spielen, ableistisch sind und unseren Planeten zerstören. Herzlichen Glückwunsch! Sauron, Voldemort und Skeletor wären sicher stolz auf Sie.

"ICH SEHE DICH." - unerwünschte Sprachnachricht von Sauron an Frodo

Wir können nicht behaupten in einem Rechtsstaat zu leben, wenn der Versand einer Sprachnachricht nicht mit einer Woche Kerker bei Wasser und Brot geahndet wird. Liebe Lesenden und Lesendinnen, diese Barbarei muss ein Ende haben! Ich plädiere an Ihre Vernunft, nein, an die Essenz der Ihnen innewohnenden Menschlichkeit: Tun Sie Gutes und schreiben Ihre Nachrichten, wenn Ihnen Ihre Liebsten wichtig sind.

Bis unsere Regierung auf diesen wahnwitzigen Missstand reagiert und das die Ächtung von Sprachnachrichten ins Grundgesetz übernimmt, müssen wir die Sache selbst in die Hand nehmen. Auf eingehende Sprachnachrichten reagieren Sie bitte nur noch auf die einzig angemessene Weise: Mit mehreren Stunden Verzögerung und einem Mittelfinger-Emoji.

Vielen Dank.