"Huh? Ah, nur ein Karton."

Ich mag Schleichspiele. Im Gegensatz zu den meisten anderen Games kann ich in diesem Genre das Spieltempo nämlich selbst bestimmen. Ich kann mir Zeit nehmen, in Ruhe die Lage sondieren, mir einen Plan überlegen, und wenn ich soweit bin – und keine Sekunde vorher – zur Tat schreiten. Das Spiel gibt zwar die Bedingungen vor, der Rest liegt bei mir.

Vielleicht unterscheidet mich das von anderen Stealth-Liebhabern. Bei dazugehörigen Diskussionen im Internet zeigt sich eine merkwürdige Einigkeit in der Spielerschaft auf: Ein Schleichspiel sollte non-lethal (d. h. Gegner dürfen nur betäubt werden) gespielt oder im Idealfall ghosted (Das Level/Spiel wird beendet ohne Gegner zu alarmieren oder ihnen auch nur ein Haar zu krümmen) werden.

Ich selbst spiele bevorzugt einen Stil, den Splinter Cell: Blacklist als "Panther" bezeichnete: Das Ende des Spielabschnitts wird ohne Entdeckungen oder Alarme erreicht, sämtliche Gegner werden auf dem Weg dorthin heimlich beiseite geräumt. Dauerhaft. Auf diese Art und Weise habe ich damals bereits Tenchu gespielt, weil dies die Vorgehensweise war, die vom Bewertungssystem des Spiels bevorzugt wurde. Es wollte so gespielt werden. Und es hat viel Spaß gemacht.

Heute ist es anders: Tenchu ist mittlerweile leider nur noch eine schöne Erinnerung, wo man früher noch geduldig im Schatten auf seine Beute wartete, blitzschnell und präzise zuschlug um sich dann wieder in die sichere Deckung zu begeben. Egal wie viel Zeit ich für eine Mission benötigte, mir war die Beste Abschlusswertung gewiss. Heute erwartet den Spieler eine Art Hindernisparcours, dessen schnellste Route zur Bewältigung einmal erarbeitet werden muss (oder alternativ ein YouTube-Video angeschaut wird) und dann immer aus dem Muskelgedächtnis heraus abgerufen werden kann.

Ich möchte bei Spielen, die damit werben dass man sie mit verschiedenen Vorgehensweisen lösen kann nicht in ein Korsett gezwungen werden, das für mich nicht maximalen Spielspaß bedeutet. Ich darf Metal Gear Solid seit Peace Walker nicht mehr spielen wie ich möchte wenn ich einen S-Rang erhalten will. Naja, streng genommen war es bei den Vorgängern nicht anders, dort erfolgte die Bewertung jedoch erstens nach Abschluss des kompletten Spiels, und zweitens gab es im Hauptmenü keine Leaderboards oder Statistiken die mich als nicht-Idealspieler verhöhnten.

Und trotzdem werde ich bis zur Veröffentlichung von Metal Gear Solid V – The Phantom Pain sicherlich noch versuchen den Prolog Ground Zeroes zähneknirschend mit 100 % abzuschließen. Einfach nur um dem blöden Spiel zu zeigen, wer Big Boss ist.